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Eine Abkühlung im Neckar auf dem Heimweg von der Arbeit steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Datum: 23.01.2019

Kurzbeschreibung: Eine Abkühlung im Neckar auf dem Heimweg von der Arbeit steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der Kläger fuhr an einem heißen Sommertag von seiner Arbeit in Reutlingen mit dem Fahrrad zurück zu seiner Wohnung in Tübingen. Da er stark schwitze, unterbrach er seine Fahrt und sprang zur Abkühlung in den Neckar. Hierbei zog er sich Brüche mehrerer Halswirbelkörper zu, in deren Folge beim Kläger eine inkomplette Querschnittslähmung besteht.
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Erbringung von Leistungen ab. Mit dem Entschluss, eine Abkühlung im Neckar zu suchen, sei die Handlungstendenz des Klägers nicht mehr darauf ausgerichtet gewesen, den versicherten Heimweg zurückzulegen. Er habe sich vielmehr einer privaten Tätigkeit, dem Baden, gewidmet. Der Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründe sich auch nicht aus der vom Kläger vorgetragenen Gefahr, einen Hitzschlag abzuwenden, um am Folgetag wieder arbeitsfähig zu sein. Gesundheitserhaltende Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit gehörten grundsätzlich zum unversicherten persönlichen Lebensbereich. Zudem habe es ungefährlichere Maßnahmen gegeben, um den Heimweg trotz Hitze zu bewältigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.01.2019 hat das Sozialgericht Reutlingen die ablehnende Entscheidung der Berufsgenossenschaft und deren Argumente bestätigt. Ergänzend hat das Gericht ausgeführt, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Versicherungsschutz bei Unfällen in Gewässern, die zur Erfrischung aufgesucht werden, nicht gänzlich ausgeschlossen sei. Allerdings hat das Gericht das Vorbringen des Klägers, er sei wegen einer „absoluten Notsituation“ auf dem Heimweg mit dem Rad auf eine „unmittelbare Abkühlung im Neckar“ angewiesen gewesen, nicht überzeugt. Die Unfallstelle sei nur ca. 2 km von der Wohnung des Klägers entfernt und die verbliebene Wegstrecke sei mit keinen erheblichen Steigungen verbunden gewesen. Daher sei ausgeschlossen, dass der Kläger diese Strecke nicht ohne Erfrischung hätte bewältigen können. Für eine Freizeitverrichtung spreche auch der Unfallhergang. Aufgrund der erlittenen Halswirbelkörperfrakturen sei davon auszugehen, dass der Kläger einen Kopfsprung in den Fluss machte. Auch diese sicher nicht zur Erfrischung gebotene Art des Gelangens in das Wasser sei als Lösung von der versicherten Tätigkeit (dem Heimweg) anzusehen.

Gerichtsbescheid vom 17.01.2019 (Az.: S 4 U 2651/17) – noch nicht rechtskräftig –

Hinweis zur Rechtslage:

§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII] - Auszug -
(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente.

§ 7 SGB VII - Auszug -

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

§ 8 SGB VII - Auszug -

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,

Haben Sie Fragen zu dieser Pressemitteilung, so können Sie sich gerne an die Pressestelle des Sozialgericht Reutlingen wenden:

Raphael Deutscher
Richter am Sozialgericht
Tel. 07121/940-3333

Vertreter: Holger Grumann
Vizepräsident des Sozialgerichts
Tel. 07121/940-3319

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